Ausserplanmässig

Wir leben autofrei, weil wir quasi neben dem Mac Donalds wohnen.

 

Und wir leben autofrei aus Überzeugung: Wir müssen nie mühsam mit einem Staubsauger im Auto rumklettern. Wir laufen nicht in Gefahr den falschen Kraftstoff zu tanken. Und das Seitwärts einparken erübrigt sich ebenfalls. Der ökonomische und ökologische Aspekt entschädigt zusätzlich für die Momente, in denen es ohne Kleinlaster etwas komplizierter wird. Aber hier oben, in den Tessiner Bergen, brauchen wir auch keinen Kleinlaster mehr. Hier bestellt man den Helikopter.

 

Wir hatten für unsere ersten Sommerferien im Häuschen mit der grünen Tür einen Heli Transport organsiert, um Möbel und Lebensmittel rauf zu bringen. Natürlich wollten wir den Flug möglichst gut ausnützen. Deshalb hatten wir auch auf diesen Tag hin das Häuschen entrümpelt.

 

Vom verrosteten Rasenmäher, über die alten Matratzen bis hin zum alten Toilettenpapierrollenhalter, hatten wir in der Wiese alles auf einem ausgebreiteten Heli-Transportnetz gestapelt.

 

Auch einige scharfkantige und löchrigen Wellblechplatten mussten weg. Wir hatten sie in stundenlanger Arbeit sorgfältig zusammengestampft und in alte Tücher gerollt. Zur Sicherheit verknüpften wir die grossen Bündel auch noch mit halbwegs versteinerten Gartenschläuchen.

 

Die Vorstellung, das Wellblech könnte das Transportnetz durchschneiden und der ganze Berg Müll auf mehreren hundert Metern Höhe flügge werden, war Motivation genug, sorgfältig vorzugehen.

 

Den alten Geruch aus dem Haus zu haben und ganz neu anfangen zu können, war ein herrliches Gefühl!

 

Alles was wir noch würden tun müssen, war einzukaufen.

 

Und so sah unser Plan aus: Der Heli würde unten im Tal das Netz mit den Einkäufen anhängen, raufbringen und einen Flughelfer rausspringen lassen. Dieser würde den Haken des Einkaufnetzes lösen, und das Netz mit dem Müll anhängen. Anschliessend würden sie wieder ins Tal fliegen und den Müll treffsicher in einer Mulde deponieren, die wir über eine Entsorgungsfirma reserviert hatten.

 

Damit wären dann unsere aktuellsten Herausforderungen gemeistert. Vorfreude pur.

 

Also los zum Einkaufen und zwar pünktlich! Der Zeitplan musste eingehalten werden.

 

Wir packten das Helinetz für die Einkäufe, unsere zwei Jungs, den Ferienjungen und die Kreditkarte. Mehr brauchten wir nicht. Aufgeregt aber voller Vorfreude machten wir uns auf den Spaziergang zur Seilbahnstation.

 

Der erste Schock kam per Knopfdruck. Auf die Bestellung der Seilbahn erhielten wir per Lautsprecher die Information, dass die Gondel erst nach zehn Uhr wieder fahre. Grund: Revision.

 

Entgeistert starrten wir auf den Plan, am Infoboard. Tatsächlich. Wir hatten richtig gehört.

 

Was das Ganze nicht weniger ärgerlich machte: Diese Revision schien nicht eine spontane Idee zu sein. Nach Plan fand sie jeden Dienstagmorgen statt. Und das bereits seit Monaten, wenn nicht Jahren. Wir konnten also nicht mal jemandem die Schuld in die Schuhe schieben! Der Regen, der ganz gegen unseren Plan immer noch vom Himmel tropfte, trug auch nicht zur Besserung unserer Laune bei.

 

Aber so rasch würden wir nicht aufzugeben. Wir hatten schliesslich einen Helikopter und ein Auto reserviert! Und einen Lastwagen samt Mulde. Alles war zeitlich aufeinander abgestimmt! Alles war richtig gut geplant!

 

Wir nahmen die Kinder entschlossen bei den Händen und bei strömendem Regen eilten wir den Berg hinunter... (Fortsetzung folgt)

 

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