Heute kann ich fast nicht mehr glauben, dass unser "villa farfalla" für uns einmal "nur" ein Inserat im Internet war.
Ich hatte diese Plattform für Gratisinserate öfters aufgesucht, nach dem wir entdeckt hatten, dass es in den Bergen des Tessins winzige Steinhäuser gab, die, je nach Zustand und Lage, nicht absolut unerschwinglich waren.
Wenn das Haus klein, zu renovieren und nicht an die Elektrizität angeschlossen war, schien sich das schon mal positiv auf den Preis auszuwirken. War es aber zusätzlich auch bloss zu Fuss erreichbar, gab es noch einen zünftigen preislichen Bonus oben drauf.
Auf jenem Foto nun, konnte man nicht viel mehr erkennen, als dass das Häuschen freistehend, klein und mit Granitplatten gedeckt war.
Pikantes Detail: Die Fensterläden und die Haustür waren in meiner Lieblingsfarbe gestrichen- grün. Eine grosse, ebenso grüne Wiese, schien dazu zu gehören.
Als wir das „Objekt“ etwas drei Wochen später zum ersten Mal besuchten, war es eingeschneit. Wir Erwachsene versanken bis zu den Oberschenkeln im Schnee, während die Kinder auf der vereisten Schneedecke gehen konnten.
Was vom Haus aus dem Schnee ragte, machte auf uns Laien einen beruhigend stabilen Eindruck. Es war offensichtlich nachhaltig gebaut; mit Materialien vom Ort und richtig dicken Mauern.
Auch das Dach schien in Ordnung zu sein. Weder hing es durch, noch stand der Kamin schief. Die Dachrinne wies zwar ein paar Löcher auf, aber ihr Zustand befand sich durchaus noch im nostalgischen Bereich.
Die Terrasse, die den Eingang zum Obergeschoss bildete, war gegen das Tal hin mit einem stabilen Eisenzaun abgegrenzt. Seitlich hielt eine direkt auf einen Felsen gebaute Mauer die Stellung. Sie diente gleichzeitig als rustikale Sitzbank.
Trotz des Schnees konnten wir erkennen, dass auch neben der Haustür eine breite Steinplatte in die Mauer miteingebaut worden war: eine weitere romantische Sitzgelegenheit! Hier würde man am Abend, vom Bergwind geschützt, das schlichtweg überwältigende Bergpanorama und den Blick ins Tal geniessen können…
Aber stop! Wir mussten sachlich bleiben. Schliesslich durfte unsere Begeisterung den Preis nicht in die Höhe treiben und damit das Traumhaus für uns ganz unerschwinglich machen! Und noch hatten wir nichts vom Inneren des Hauses gesehen.
Wir hatten angenommen dass der Verkäufer guten Grund hatte, im Inserat kein Bild davon zu präsentieren. Wir erwarteten einen verfaulten Boden, ein paar lose Steine und Mäuse. Und/ oder Ratten.
Als die grasgrüne Haustüre aus dem Schnee gegraben und entriegelt war, verschlug es uns die Sprache. Der Boden war alles andere als morsch. Er war mit Fliessen verlegt!
Die braunschwarz gemusterten kleinen Quadrate waren zwar schon etwas mehr als nostalgisch zu nennen, aber bestimmt äusserst pflegeleicht.
Auch sonst machten Küche, Wohnzimmer und Schlafraum insgesamt einen recht guten Eindruck.
Insgesamt deshalb, weil alles ein und derselben Raum war: Eine Küche mit zwei Betten und einem grossen, beigefarbenen Kleiderschrank!
Aber die Decke des Raumes war höher als erwartet und mit einer weiss gestrichenen, hölzernen Täfelung versehen. Der ganze Raum bettelte geradezu nach einer liebevollen, ländlichen Einrichtung.
Noch bestand die Küchenzeile aber aus einem alten Gaskühlschrank, einem Gaskocher und einem kleinen, niedrigen Spülbecken mit Abtropfbrett. Über dem Becken war ein Kaltwasserhahn installiert. Probeweise drehte ich ihn auf, doch er gab keinen Tropfen her.
In Gedanken suchte ich bereits nach einem deutschsprachigen Sanitär, wurde aber beruhigt. Im Winter bleibe der Haupthahn geschlossen, um die Wasserleitungen vor Frostschäden zu schützen.
Natürlich. Der viele Schnee draussen reichte allemal fürs Kaffeewasser.
Was überhaupt nicht fehlte, war die Deckenleuchte. Dass es hier oben keinen elektrischen Strom geben würde, war uns im Vornherein klar.
Wir wandten uns wieder den Grössenordnungen zu. Das Häuschen war irgendetwas zwischen klein und winzig. Viereinhalb Meter lang und dreieinhalb Meter bereit, um genau zu sein.
„Inspirationen zur Einrichtung könnten Sie bestimmt auf den Webpages zur Einrichtung von Campingwagen finden“, riet der Verkäufer.
Wir machten ein paar Fotos vom Raum und schlüpften wieder in unsere Handschuhe. Eifrig stapften wir durch den Schnee um zum Eingang des
Untergeschosses zu gelangen...(Fortsetzung folgt)
Wie es im Internet zum Thema "Hauskauf" empfohlen wurde, machten wir erst mal ein Foto vom Dach...
...und von der Aussicht...
...und von den Nachbarn...
...und von der Heizung...
und von Küche, Schlafzimmer und Stube.
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